Otto Schmidt Verlag

BGH 1.6.2011, I ZB 52/09

Zur Verwechslungsgefahr bei unterschiedlichem Gesamteindruck kollidierender Marken bei angesprochenen Verkehrskreisen

Gehören zu den angesprochenen Verkehrskreisen sowohl Fachkreise als auch das allgemeine Publikum, kann der Gesamteindruck, den die verschiedenen Verkehrskreise von den Marken haben, unterschiedlich ausfallen. Kann aufgrund der gespaltenen Verkehrsauffassung nur bei einem der verschiedenen Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr bejaht werden, reicht dies für die Verwirklichung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG grundsätzlich aus.

Der Sachverhalt:
Für die Markeninhaberin ist die im August 2002 angemeldete Wortmarke Nr. 302 38 530 Melox-GRY im Februar 2003 für die Waren pharmazeutische Erzeugnisse zur symptomatischen Behandlung akuter Schübe von Arthrose, symptomatischen Behandlung der rheumatoiden Arthritis und symptomatischen Behandlung des Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans) eingetragen worden.

Gegen die Eintragung erhob die Widersprechende aus ihrer im November 1978 für die Waren pharmazeutische Erzeugnisse und chemische Erzeugnisse für die Gesundheitspflege eingetragenen Wortmarke Nr. 978 318 Maalox Widerspruch. Die Markeninhaberin erhob die Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke. Das Deutsche Patent- und Markenamt verneinte eine Verwechslungsgefahr der Marken und wies den Widerspruch zurück.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Widersprechenden blieb vor dem BPatG ebenso ohne Erfolg, wie die anschließende Rechtsbeschwerde vor den BGH.

Die Gründe:
Das BPatG hat das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ohne Rechtsfehler verneint.

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen. Gehören zu den angesprochenen Verkehrskreisen sowohl Fachkreise (Ärzte und Apotheker), die in den Absatz der Produkte eingeschaltet sind, als auch Endverbraucher, kann der Gesamteindruck, den die verschiedenen Verkehrskreise von den Marken haben, unterschiedlich ausfallen, z.B. weil die Fachkreise Unterschiede zwischen den kollidierenden Marken besser in Erinnerung behalten als die Endverbraucher. Kann aufgrund einer gespaltenen Verkehrsauffassung nur bei einem der verschiedenen Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr bejaht werden, reicht dies für die Verwirklichung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG aus.

Das BPatG ist zu Recht von durchschnittlicher Warenähnlichkeit und von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen. Den Grad der Ähnlichkeit zwischen "Maalox" und "Melox-GRY" im Hinblick auf die unterschiedlichen Vokale "aa" und "e" der Anfangssilben der Wörter "Maalox" und "Melox" in den kollidierenden Marken hat es zutreffend als so gering angesehen, dass in Anbetracht von Warenähnlichkeit und normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine unmittelbare Verwechslungsgefahr auszuschließen ist.

Der durchschnittliche Angehörige der angesprochenen Verkehrskreise hat zudem keine Veranlassung, von wirtschaftlichen oder organisatorischen Verbindungen zwischen den Markeninhaberinnen auszugehen. Das gilt sowohl für das allgemeine Publikum als auch für die Fachkreise. Dies hat das BPatG zutreffend daraus gefolgert, dass die Widerspruchsmarke sich nicht in identischer Form, sondern wegen der verschiedenen Vokale der Anfangssilben der Marken nur mit einer deutlichen Abweichung in dem Zeichenbestandteil "Melox" wiederfindet und zwischen den beanspruchten Waren lediglich durchschnittliche Warenähnlichkeit besteht. Hinzu kommt der für das Fachpublikum offensichtliche Unterschied bei der Markenbildung der kollidierenden Zeichen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.11.2011 12:49
Quelle: BGH online

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