Otto Schmidt Verlag

BGH 8.3.2012, I ZR 85/10

Versicherer darf Unfallgegner auf preisgünstigere überörtlich tätige Autovermieter verweisen

Ein Unfallhaftpflichtversicherer ist regelmäßig nicht gehindert, einen Unfallgegner, der ein Ersatzfahrzeug bei einem örtlichen Autovermieter angemietet hat oder anmieten möchte, auf das preisgünstigere Angebot eines mit ihm zusammenarbeitenden überörtlich tätigen Autovermieters hinzuweisen. Die Bestimmung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, nach der der Geschädigte statt Naturalrestitution den zur Herstellung dieses Zustandes erforderlichen Geldbetrag verlangen kann, ist insoweit nicht anwendbar.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt ein Mietwagenunternehmen. Sie verlangt vom beklagten Kfz-Haftpflichtversicherungsunternehmen, es zu unterlassen, Kunden der Klägerin im Unfallersatzgeschäft zur vorzeitigen Kündigung von Kfz-Mietverträgen und zum Abschluss von durch die Beklagte vermittelten Mietverträgen bei anderen Mietwagenunternehmen zu veranlassen.

Die Klägerin hat ihre Klage zunächst nur auf einen Vorgang im August 2008 gestützt, bei dem ein Mitarbeiter der Beklagten die Zeugin B veranlasst hat, ihren Mietvertrag mit der Klägerin über ein Unfallersatzfahrzeug zum Preis von 85 € pro Tag vorzeitig aufzulösen und ein Fahrzeug bei einem ihr von der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers vermittelten Mietwagenunternehmen zum Preis von 36 € täglich anzumieten. Das LG wies die Klage ab.

Die auch auf einen weiteren Vorgang im Januar 2010 gestützte Berufung der Klägerin, bei dem eine Mitarbeiterin der Beklagten gegenüber einem Unfallgeschädigten, der bei der Klägerin ein Ersatzfahrzeug angemietet hatte, den Eindruck erweckt haben soll, dass der vereinbarte Preis nach internen Richtlinien nicht erstattet wird, und den Geschädigten deshalb zur sofortigen Rückgabe des Fahrzeugs und Anmietung eines Ersatzfahrzeugs bei der S-Autovermietung aufgefordert haben soll, blieb vor dem OLG ohne Erfolg.

Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH ebenfalls keinen Erfolg.

Die Gründe:
Nach Ansicht der Revision hat das OLG bei seinen Erwägungen die vom BGH im Urteil vom 13.10.1998 (VI ZR 357/97) gemachten Ausführungen unberücksichtigt gelassen. Der dort entschiedene Lebenssachverhalt entspreche dem in der vorliegenden Sache zu beurteilenden. Damit hat die Revision keinen Erfolg.

Die Revision lässt unberücksichtigt, dass der VI. Zivilsenat seine damalige, für Unfallgeschädigte und indirekt auch für spezielle - teurere - Unfallersatztarife anbietende Mietwagenunternehmen günstige Rechtsprechung mit Urteil vom 12.10.2004 geändert hat (VI ZR 151/03). Nach dieser seither maßgeblichen Rechtsprechung kann der Geschädigte den im Vergleich zum Normaltarif teureren Unfallersatztarif nur dann ersetzt verlangen, wenn der Mehrbetrag wegen der besonderen Unfallsituation aus betriebswirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt oder der günstigere Normaltarif für den Geschädigten nicht ohne weiteres zugänglich war; der Geschädigte hat dabei darzulegen, dass ihm auch auf Nachfrage kein wesentlich günstigerer Tarif angeboten worden wäre.

Die sich danach stellende Frage, ob der Haftpflichtversicherer, der dem Unfallgegner seines Versicherungsnehmers einen günstigeren Tarif zugänglich macht, auch vor dem Hintergrund dieser geänderten Rechtsprechung des VI. Zivilsenats noch rechtswidrig handelt, wird in der Rechtsprechung der Instanzgerichte unterschiedlich beurteilt. Davon unabhängig ist ein Hinweis des Versicherers auf die Möglichkeit der Anmietung eines kostengünstigeren Ersatzfahrzeugs immer dann als zulässig anzusehen, wenn berechtigte gegenläufige Interessen des Geschädigten dadurch nicht berührt werden. Letzteres ist regelmäßig auch dann der Fall, wenn der Versicherer den Geschädigten, der ein Ersatzfahrzeug bei einem örtlichen Autovermieter angemietet hat oder anmieten möchte, auf das Angebot eines überörtlich tätigen Autovermieters hinweist, der mit dem Versicherer zusammenarbeitet.

Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführte Bestimmung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, nach der der Geschädigte bei Verletzung seiner Person oder Beschädigung einer Sache statt der nach § 249 Abs. 1 BGB grundsätzlich geschuldeten Naturalrestitution den zur Herstellung dieses Zustandes erforderlichen Geldbetrag verlangen kann, ist insoweit weder direkt noch entsprechend anwendbar. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass es dem Geschädigten nicht zuzumuten ist, seine Person oder Sache zum Zwecke ihrer Wiederherstellung ausgerechnet dem Schädiger anvertrauen zu müssen. Damit lässt sich die Anmietung eines Unfallersatzfahrzeugs nicht vergleichen.

Linkhinweis:

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.09.2012 12:38
Quelle: BGH online

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